Donnerstag, 10.8.2023:
Dietrich Brömser von Rüdesheim, Domherr zu Mainz, Familiar und Kaplan von Kardinal Francesco Todeschini-Piccolomini (dem späteren Papst Pius III.) ist eine Generation jünger einzureihen.
Nachdem sein Geburtsjahr auf 1423 eingegrenzt ist, muss der Domherr Dietrich Brömser von Rüdesheim eine Generation jüngger eingereiht werden, als von den Genealogen Walter Möller und Ernst von Oidtman angenommen.
Dieser Aufsatz wurde am Samstag, 24.11.2018, in der Rheingau-Ausgabe des Wiesbadener Kuriers veröffentlicht. Er wird hier wiederholt, um ihn einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Am Sonntag jährt es sich zum 350. Mal, dass der letzte männliche Vertreter der im Rheingau so berühmten Adelsfamilie der ‚Brömser von Rüdesheim‘ starb und mit ihm eine Adelsfamilie, deren Mitglieder über mehr als 500 Jahren die Geschichte der Region beeinflusste.
Die Brömser gehören zu einer der ältesten Familien des Rheingaus. Ein Giselbert von Rüdesheim taucht erstmals im Jahre 1130 in der Überlieferung auf. Er war Ministeriale, also Beamter des Erzbischofs von Mainz und nannte sich nach einem im Kloster Eibingen noch bis vor 200 Jahren verehrten Lokalheiligen. Rund 100 Jahre nach Giselbert hatte sich die Familie in verschiedene Linien aufgeteilt, von denen die Brömser alle anderen Linien im Rheingau bei weitem überlebten. Der bekannte Geschichtswissenschaftler Franz Joseph Bodmann (1754–1820) bezeichnete sie in seinem 1819 erschienenen Werk ‚Rheingauische Altertümer‘ als „bei weitem die ansehnlichste und reichste aller jemals bestandener Rüdesheimer Adelsfamilien“
Einer der berühmtesten Vertreter der Familie war Heinrich Brömser, zur Zeit der Bauernunruhen um 1525 Vicedom, also Stellvertreter des Erzbischofs im Rheingau. Er machte sich einerseits um die Schlichtung des Aufstandes verdient und verhinderte die Plünderung des Klosters Eibingen, war aber andererseits auch an dessen Niederschlagung in der Schlacht von Pfeddersheim bei Worm beteiligt.
Dessen Urenkel Johann Reichard Brömser stiftete kurz vor seinem 1622 erfolgten Tod in Nothgottes ein Kapuzinerkloster, nachdem sich dort im Wald zwischen Geisenheim und Rüdesheim von alters her ein kleines Hauskloster der Familie befand. Johann Reichard begleitete in seinem knapp 56-jährigen Leben viele Ämter – zum Teil zeitgleich. So war er kaiserlicher und kurmainzischer geheimer Rat, Vicedom in Mainz, später im Rheingau und Oberamtmann zu Königstein im Taunus. 1614 wurde er zum Kurmainzer Haushofmeister ernannt und stand dadurch an der Spitze des Geheimen Rates, also der Regierung des Kurstaates. Er vertrat den Erzbischof oft bei diplomatischen Verhandlungen. Verheiratet war er mit Margarethe von Kronberg, was ihm als Erbschaft die Sauerburg sowie den Cronberger Hof in Mainz einbrachte. Zur Sauerburg, gelegen in einem Seitental der Wisper, gehörte eine eigene kleine Herrschaft, die allerdings neben der Burg nur aus dem Weiler Sauerthal sowie aus zwei einzelnen Höfen bestand. Johann Reichard ließ die Sauerburg zu einem Schloss ausbauen und nahm darin seinen Wohnsitz. Sein Sohn Heinrich, geboren 1600 oder 1601 sollte der letzte der Familie sein. Er studierte um 1616 in Köln. Zwei Jahre später begann der verheerende Dreißigjährige Krieg. Mitten in diesem Krieg heiratete Heinrich die Maria Magdalena von Heddesdorf aus Winningen an der Mosel. Die Sauerburg war und ist zu einsam gelegen, sie war in diesem Krieg nicht zu verteidigen. Notgedrungen verließ das Ehepaar Brömser sie wieder und bezog den Cronberger Hof in Mainz, den Heinrich um 1643 erweiterte. Als 1645 die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährige Krieges begannen, zog Heinrich mit seiner Frau nach Osnabrück in Westphalen. Er bildete zusammen mit zwei anderen Personen die Delegation, die die Belange des Mainzer Erzbischofs in den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück vertrat. Um seiner Stimme in dem Gremium mehr Gewicht zu verleihen – und weil die Familie inzwischen über eine eigene Herrschaft verfügte – wurde er im selben Jahr in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war bereits zu befürchten, dass er der einzige Vertreter seiner Familie in diesem Stand sein sollte, denn er war bereits 44 Jahre alt, seine Frau war nur ein Jahr jünger und die beiden hatten keine Kinder.
Heinrich Brömser von Rüdesheim (ca. 1601–1668) - Abb. Mag. Volker Bratfisch
Als die Friedensverhandlungen im Oktober 1648 erfolgreich abgeschlossen waren verzog das Ehepaar zurück auf den alten Stammsitz der Familie, den Brömserhof in Rüdesheim, dessen älteste Teile heute wohl rund 1000 Jahre alt sein dürften. Heinrich erneuerte Teile des Hofs, wie das schöne Allianzwappen Brömser/Heddesdorf mit der Jahreszahl 1650 auf dem Erker über dem Eingang zum Hauptgebäude noch heute zeigt.
Brömserwappen von 1650 am Erker über dem Eingang des Brömserhofs
Während die Sauerburg in der darauffolgenden Zeit verwahrloste, und der Cronberger Hof im 2. Weltkrieg zerstört wurde, stehen vom Brömserhof selbst noch wesentliche Teile, nicht zuletzt dank der Inititiative der Familie Wendel, die darin seit über 40 Jahren das Musikkabinett betreibt, ein Museum für mechanische Musikinstrumente.
Heinrich muss noch 1667 recht rüstig gewesen sein, denn er tätigte in diesem Jahr noch ein Immobiliengeschäft. Die Zerstörung der Sauerburg durch französische Truppen im pfälzischen Erbfolgekrieg im Jahre 1689 musste Heinrich Brömser nicht mehr miterleben. Er starb am Katharinentag des Jahres 1668, das ist der 25. November. Bestattet wurde er in der Karmeliterkirche in Mainz, wo sich sein Grab noch über 100 Jahre lange befand. Es zeigt neben dem Wappen der Frau und Ihrer Vorfahren auch das Brömser-Wappen. Es war allerdings verkehrt herum in den Stein gemeißelt, zum Zeichen, dass mit dem hier Bestatteten die Familie ausgestorben ist.
Am Vorabend der französischen Revolution zeichneten sich eventuell auch in Deutschland Unruhen ab. Auf jeden Fall beschloss der Konvent des Karmeliterklosters im Jahr 1772, den Grabstein ‚zu Konservierungszwecken‘ mit der Bildfläche nach unten in den Boden einzulassen, wie eine Akte festhält, die sich im Metternich´schen Familienarchiv in Prag befindet. Es sollte nicht viel helfen, denn im 2. Weltkrieg wurde bei den Angriffen auf Mainz auch die Karmeliterkirche schwerst beschädigt. Heute weiß dort niemand mehr etwas über den Grabstein dieses letzten Vertreters des einst bedeutenden Adelsgeschlechts.
Grabmal des letzten Brömsers von Rüdesheim
Das reiche Erbe Brömsers bestehend aus rund 100 Einzelbesitztümern wurde in alle Winde zerstreut. Ein Teil fiel als ‚erledigtes Lehen‘ an die Lehensgeber zurück, den Rest erbten die Schwestern und Cousinen Brömsers sowie deren Nachkommen, wodurch Familien wie die Cronberg, Bettendorf, Sickingen, Waldbott von Bassenheim und von der Leyen (nicht verwandt mit der derzeitigen Verteidigungsministerin) in den Besitz von Teilen aus dem Brömser-Erbe gelangten.
An dieser Stelle soll kurz daran erinnert werden, dass auf den Tag genau 276 Jahre nach dem Tod des letzten Brömsers, am Katharinentag des Jahres 1944, Teile der Altstadt von Rüdesheim bei einem Fliegerangriff in Schutt und Asche gelegt wurden. Darunter auch die katholische Pfarrkirche mit mehreren alten Grabmalen der Familie, sowie Teile des Brömserhofes.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass zwar die Adelsfamilie der Brömser von Rüdesheim vor 350 Jahren ausstarb. Es gibt allerdings seit dem 16. Jahrhundert eine bürgerliche Seitenlinie der Familie. Diese Familie existiert noch heute. Ihre Mitglieder nennen sich zum Teil noch Brömser, zum Teil auch Bremser. Sie leben heute über ganz Deutschland sowie die Vereinigten Staaten von Amerika verstreut. Genetische Untersuchungen ergaben kürzlich, dass alle getesteten Vertreter in direkter männlicher Abstammung miteinander verwandt sind, so dass auf diesem Wege zumindest das genetische Profil der Familie ‚Brömser von Rüdesheim‘ rekonstruiert werden konnte.
Reiner Bremser, Oberursel