Montag, 21.10.2024:
Friedrich Bremser in München, der „Erfinder“ des Fertighauses aus Pappe
Die Digitalisierung alter Bücher und Zeitungen durch Google hat in den letzten Jahren einiges über das Leben eines Mannes ans Tageslicht gebracht, den man als den geistigen Erfinder des Fertighauses (aus Pappe) bezeichnen kann – wenn auch nur mit einem Schmunzeln, denn er hat seine Erfindung nur theoretisch beschrieben und wohl nicht in die Realität umgesetzt.
Siehe unter Friedrich Bremser in München, der „Erfinder“ des Fertighauses aus Pappe
Gleichzeitig freue ich mich über inzwischen fast 40.000 Besucher meiner Homepage.
Auf dieser Seite stütze ich mich wieder auf die Arbeiten von Dr. Karl-Hermann May, des langjährigen Erforschers der Brömser- und Bremser-Familien.
Über das Amt des Vorstreiters und Bannerträgers gibt es eine Grundlagenarbeit von Dr. Karl-Hermann May, die er in der Festschrift veröffentliche, die zum 70. Geburtstag seines Doktor-Vaters Prof. Dr. Edmund Stengel 1952 veröffentlichte (S. 301 bis 323 und Nachtrag S. 390 bis 392). Der 1903 geborene May, der evangelische Theologie und Geschichte studierte und über die Geschichte seiner Heimat, des Oberlahnkreises (um Weilburg) promovierte (1939 gedruckt erschienen), scheint sich viele Jahre mit dem Amt des Vorstreiters und Bannerträgers beschäftigt zu haben. Bereits 1941 hatte er Schriftverkehr mit einem anderen Forscher zu diesem Thema (S. 307, Anm. 3). Sein 1952 erschienener Aufsatz “Reichsbanneramt und Vorstreitrecht in hessischer Sicht“ ist bis heute grundlegend, auch wenn er oftmals nicht mehr direkt zitiert wird. Wenngleich sich die Arbeit auf das Amt des Vorstreiters und Bannerträgers für den deutschen König bezieht, erlaubt sie doch Rückschlüsse auf dessen Bedeutung für andere Herrscher.
“Primicerius et signifer” - Vorstreiter und Bannerträger, diese beiden Aufgaben gehören offenbar seit jeher zusammen. Der Vorstreiter war „der Erste“ im Kampf. Er hatte im Krieg die Befehlsgewalt (S. 310). Er führte die Sturmfahne mit dem Wappen seines Dienstherren und zeigte damit seinem Aufgebot (seiner Truppe) an, wo sie sich befand, was im Kampf besonders wichtig war, damit die Truppenteile beisammen blieben und sich nicht gegenseitig bekämpften. Der Bannerträger wurde von seiner Truppe besonders beschützt, denn wenn er gefallen war, war für sein Aufgebot der Kampf verloren. Später bezeichnete man das Amt auch als Fähnrich.
Der Vorstreiter und Reichsbannerträger war nicht nur im Kampf der erste Mann. Einmal wird er auch als “intimus”, als vertrautester des geheimsten Rates seines Herren genannt (S. 313). Er hatte großen Einfluss am Hof. Diese Tradition geht auf karolingische Zeit zurück, als bereits ein Graf Gerold als Bannerträger und Berater (signifer et consiliarius) bezeichnet wird (überliefert nach einer Chronik aus dem frühen 11. Jahrhundert; May, S. 320).
Andere (wie beispielsweise der Rüdesheimer Stadtarchivar und Chronist Rolf Göttert) sehen in dem Namen “Primicerius” direkt den Vornehmsten und Ersten am Hofe. Diese Bedeutung habe ich zwar nicht direkt gesehen, aber sie ergibt sich aus der Rolle des Vorstreiters, wie vorstehend beschrieben.
Interessanterweise befand sich das Amt des Reichsbannerträgers um 1200 kurzzeitig in der Hand des Reichsministerialen Werner von Bolanden (nach dessen Lehensbuch aus der Zeit um 1194/98). Dieser Werner von Bolanden war als Reichsvogt des Ingelheimer Reiches und damit als Verwalter des Reichsgutes am Mittelrhein aktiv.
Vielleicht hat sich Dr. May gerade deshalb so sehr für die Familie Brömser von Rüdesheim interessiert, weil ein Vertreter der Familie 1294 in einer lateinischen Urkunde als “Johannes primicerius de Rudensheim” bezeichnet wird. May sieht darin den Ursprung des Familiennamens Brömser, der 1249 erstmals einem Familienmitglied derer von Rüdesheim als Beinamen gegeben wird: “Giselbert dictus Brumzere”. Damals gab es zwei Geschwister Giselbert und Konrad Brömser von Rüdesheim.
Viele uradelige Familien teilten sich im 13. Jahrhundert in verschiedene Linien auf, die Beinamen hatten, um sich zu unterscheiden, weil die Familien größer und unüberschaubarer wurden. Es war also eine Modeerscheinung. Die einen nannten sich Hund von Saulheim, andere Faust von Stromberg oder Kratz von Scharfenstein, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Wer aber war der Vater von Giselbert und Konrad Brömser von Rüdesheim und somit der Namensstifter des Beinamens Brömser?
Dr. May will eine Urkunde der Grafen von Erbach im Odenwald gekannt haben, die sich im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt befunden haben soll, wo sie im 2. Weltkrieg durch Bombenangriff zerstört wurde. Laut Inhalt dieser Urkunde war der Bannerträger in der Schlacht von Mattenstatt am 8.12.1224 ein Mitglied der Familie von Rüdesheim. Nach Dr. May kann es sich dabei nur um Conrad von Rüdesheim, den jüngeren der Gebrüder, gehandelt haben (telefonische Information Dr. May an den Verfasser vom 29.7.1985; diese Information habe ich nicht im Nachlass von Dr. May im Hauptstaatsarchiv finden können. Es kann aber sein, dass May sie gelesen hat, bevor das Archiv zerstört wurde und keine Abschrift der Urkunde erstellt hat, sie quasi nur im Gedächtnis hatte, denn wie oben steht, befasste er sich bereits 1941 mit dem Thema „Bannerträger“). Dieser Conrad von Rüdesheim stammte aus dem Zweig der "Kind" von Rüdesheim, der sich eine Generation zuvor gebildet hatte. Sein älterer Bruder Giselbert dictus Kind führte die Line der "Kind von Rüdesheim" weiter, bis sie im Jahr 1386 ausstarb.
Das Samtarchiv der Grafen von Erbach-Erbach ist tatsächlich im 2. Weltkrieg komplett verloren gegangen. Erhalten ist nur das Repertorium (nach Bestandsverzeichnis des Staatsarchivs Darmstadt, S. 99)
Die Schlacht von Mattenstatt fand wirklich statt, ob am 8. Dezember 1224 oder bereits um 1210 ist nicht mehr genau feststellbar. In dieser Schlacht standen sich der Erzbischof von Mainz und der Bischof von Würzburg als Feinde gegenüber. Die Quellenlage zu dieser Schlacht ist allerdings sehr dürftig. Es gibt dementsprechend kaum Erwähnungen in der Literatur. Neuerdings existiert eine gute Zusammenfassung des bisher erschienen Materials: Horst Bröstler: Das ehemalige Kloster Mattenstatt und die neue Kapelle St. Kilian (2009). Leider wird kein Mitglied der Familie von Rüdesheim als Teilnehmer an der Schlacht in der Literatur angegeben. Das verwundert nicht: die älteste Quelle für die Schlacht ist eine handschriftliche Aufzeichnung aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, also über 300 Jahre, nachdem die Schlacht stattfand. Zu den ältesten gedruckten Werken gehört eine Chronik des “Teutschen Reichs” von Wilhelm Friedrich Pistorius von 1732. Darin befindet sich eine “Beschreibung ... vom Ursprung und Herkommen der Herren und Grafen von Castell in Francken”, die der Autor ebenfalls als ungedrucktes Manuskript eines anonymen Autors vorfand und veröffentlichte. Sie beschreibt das Geschehen allerdings aus Würzburger Sicht, für die die Grafen von Castell als Lehensleute tätig waren. Immerhin ist die Schlacht dadurch überhaupt überliefert.
Denkbar ist auch die Teilnahme eines Mitglieds der Familie von Rüdesheim als Vorstreiter und Bannerträger am Kreuzzug gegen die Mauren in Spanien, der fast zeitgleich 1217/18 durch rheinische und niederländische Ritter unter Führung von Gerlach von Isenburg sowie Georg und Theoderich von Wied stattfand. Die Teilnahme eines Mitglieds der Familie von Rüdesheim an diesem Kreuzzug ist zwar nicht belegt, erscheint aber wahrscheinlich, weil die Kirche in Rüdesheim dem heiligen Jacobus geweiht ist, dem Patron Spaniens, und früher wie heute Stern und Halbmond, die Zeichen des Islam anstelle des Hahns auf dem Kirchturm besitzt – die Kirche wurde angeblich von einem Brömser gestiftet, der nach der Familiensaga aus maurischer Gefangenschaft freikam und damit ein Gelübde erfüllte. Das würde gut zur Geschichte des 5. Kreuzzuges passen, bleibt aber letztlich eine Legende.
Übrigens ist auch von Freiburg im Breisgau überliefert, dass ein Mitglied der Familie von Zähringen am Kreuzzug teilgenommen haben soll und seitdem auf dem Freiburger Münster Stern und Halbmond statt des Kreuzes zu finden sind. Aber auch dort ist das nicht geschichtlich gesichert. Lediglich ist überliefert, dass die Insignien der Muslime dort bereits seit dem 16.Jahrhundert auf dem Kirchdach zu finden sind.
Der 5. Kreuzzug fand von 1217 – 1221 statt und wird auch Kreuzzug von Damiette genannt. Ziel war eigentlich Jerusalem, letztlich landeten die Kreuzritter aber in Damiette in Ägypten. Ein weiterer Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. von 1228 – 1229 wird auch noch dazu gezählt. Die Kreuzfahrer segelten um Spanien herum, wobei sie vom dortigen König gebeten wurden, ihn beim Kampf gegen die Sarazenen (im heutigen Portugal) zu unterstützen, weshalb ein Teil des Heeres dort Halt machte und für ein halbes Jahr dort blieb und kämpfte. Auch über diese Kämpfe gibt es kaum schriftliche Zeugnisse (Derek Lomax: Die Reconquista, Heyne, 1978, S. 205 f.)
Anm. 1: Dieter von Katzenelnbogen erreichte tatsächlich Damiette; kehrt nach einem Zerwürfnis mit dem päpstlichen Legaten Pelagius, der jeglichen Waffenstillstand mit den Ketzern ablehnt, unter abenteuerlichen Umständen nachhause zurück.
Quellen für die Kreuzzugsteilnehmer:
Der Familienname Brömser / Bremser ist aus der Berufsbezeichnung „Primicerius“ für Vorstreiter entstanden und geht auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Die ersten Träger des Namens waren Lehensleute der Erzbischöfe von Mainz und traten für ihn in dieser Funktion auf.
Reiner Bremser, Oberursel im Juli 2015